Serie: Mittelstand 2033
Diese Studie vertieft den Aspekt "Globalisierung" aus unserer Reihe zum Thema "Zukunft Mittelstand 2033".
Zurück zur Übersichtsstudie: Personalstrategien, digitale Transformation und neue ArbeitsweltenManagement Summary
Globalisierung prägt den Mittelstand schon lange in Form von Exporten, internationalen Lieferketten und ausländischem Wettbewerb. Bis 2033 wird sich die globale Vernetzung weiterentwickeln – trotz jüngerer Gegenströmungen (Handelskonflikte, Deglobalisierungstendenzen).
Für den Personalbereich bedeutet Globalisierung vor allem: internationale Arbeitsmärkte rücken näher. Fachkräfte sind mobiler geworden und wandern dorthin, wo attraktive Bedingungen locken. Gleichzeitig öffnen sich Chancen, Fachkräfte aus dem Ausland für den eigenen Betrieb zu gewinnen, um heimische Engpässe zu füllen.
Deutschland ist als Wirtschaftsstandort auf Zuwanderung angewiesen, um die demografische Lücke zu schließen. Der Wettbewerb um Talente wird somit global. Mittelständler, die früher vor allem lokal rekrutierten, müssen eventuell über Grenzen schauen – sei es durch Anstellung ausländischer Mitarbeiter, Outsourcing ins Ausland oder Kooperationen mit internationalen Partnern.
Zudem verändern sich durch Globalisierung die Anforderungen an interkulturelle Kompetenz und Sprachkenntnisse in den Belegschaften. Die Diversity in den Teams wird zunehmen. Für den Mittelstand bietet dies Chancen auf frische Perspektiven und Märkte, erfordert aber auch Anpassungsfähigkeit in Unternehmenskultur und HR-Prozessen.
Daten und Trends: Globaler Wettlauf um Talente
Einige Fakten zur Internationalisierung, die den Kontext bilden:
der Mittelständler erzielen Auslandsumsätze
Insbesondere im verarbeitenden Gewerbe sind Exporte verbreitet, aber auch im Dienstleistungssektor nehmen grenzüberschreitende Aktivitäten zu (z.B. IT-Dienstleister mit Kunden im Ausland).
Auch auf der Beschaffungsseite agieren viele KMU international (Import von Vorprodukten). Diese internationale Ausrichtung bedeutet, dass Fremdsprachen und interkulturelle Fähigkeiten in vielen Mittelstandsunternehmen inzwischen zum Alltag gehören.
Nettozuwanderung p.a. (Ø seit 2011)
Nötige Zuwanderer p.a. für stabilen Arbeitsmarkt
Deutschland verzeichnete in den letzten Jahren hohe Nettozuwanderungen. Darunter waren viele Erwerbspersonen aus EU-Ländern und zunehmend auch Drittstaaten-Fachkräfte. Allerdings wird ein Großteil dieser Zuwanderung durch Abgänge (z.B. Rückkehr in Heimatländer, Weiterwanderung) wieder relativiert.
Wichtige Entwicklung: Mit dem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz (2020 und weitere Reform 2023) wurde der Rahmen für Arbeitsmigration erleichtert:
- Punkte-basiertes System ("Chancenkarte") für Nicht-EU-Fachkräfte
- Erleichterte Anerkennung ausländischer Abschlüsse
- Neue Möglichkeiten für mittelständische Unternehmen zur gezielten Anwerbung im Ausland
Nicht nur in Deutschland, weltweit fehlen in vielen Industrienationen qualifizierte Arbeitskräfte (Folge niedriger Geburtenraten und hoher Wirtschaftsdynamik). Länder wie Kanada, Australien, aber auch Nachbarn wie Schweden oder die Schweiz werben aggressiv um IT-Experten, Ingenieure, medizinisches Personal etc.
Internationaler Wettbewerb
Deutsche Mittelständler stehen in Konkurrenz um begehrte Berufsgruppen. Beispielsweise ist die Migration von Pflegekräften ein globales Phänomen: Filipino/a oder indische Pflegekräfte können nach Deutschland, aber auch in die USA oder Golfstaaten gehen – je nachdem, wer attraktivere Bedingungen bietet.
Employer of Choice werden
Der internationale Wettbewerb zwingt deutsche Arbeitgeber dazu, sich als Employer of Choice zu positionieren, auch für ausländische Talente mit:
- Wettbewerbsfähigen Gehältern
- Attraktiver Work-Life-Balance
- Internationalen Karrieremöglichkeiten
In der Vergangenheit haben manche Großunternehmen Jobs ins Ausland verlagert (Offshoring), z.B. IT-Programmierung nach Indien oder Produktion nach Osteuropa/Asien. Auch Mittelständler nutzen gelegentlich diese Strategie, teils in Form von Nearshoring (Verlagerung in nahe gelegene Länder mit moderaten Kosten, z.B. ein deutsches KMU eröffnet ein Software-Entwicklungsbüro in Polen).
Bis 2033 könnte sich Offshoring jedoch relativieren, da Automatisierung Kostenunterschiede verringert und geopolitische Risiken Lieferketten unsicher machen. Ein gegenläufiger Trend ist das Reshoring (Rückholung ins Inland) oder zumindest Diversifikation.
Mit zunehmender internationaler Rekrutierung steigt die kulturelle Vielfalt in den Unternehmen. Dies ist eine Bereicherung, erfordert aber auch aktive Integrationsarbeit und interkulturelle Kompetenzen.
Chancen durch Vielfalt
- Zugang zu neuen Ideen und Perspektiven
- Besseres Verständnis internationaler Märkte
- Attraktivität für internationale Talente steigt
- Stärkung der Innovationskraft
Herausforderungen
- Sprachbarrieren überwinden
- Unterschiedliche Arbeitsstile integrieren
- Kultursensible Führung entwickeln
- Potenzielle Missverständnisse vermeiden
Chancen und Herausforderungen für Mittelständler
Aus den globalen Trends ergeben sich für mittelständische Unternehmen spezifische Chancen und Herausforderungen im Personalbereich:
Die Möglichkeit, Fachkräfte weltweit zu rekrutieren, erweitert den Talentpool erheblich. Unternehmen können gezielt nach Skills suchen, die im Inland knapp sind. Digitale Tools erleichtern die Suche und Auswahl.
Erfolgsfaktoren
- Klare Definition gesuchter Profile
- Nutzung internationaler Jobportale und Netzwerke
- Effiziente (digitale) Auswahlprozesse
- Unterstützung bei Visa und Relocation
- Attraktives Arbeitgeberangebot (nicht nur Gehalt)
Die erfolgreiche Integration ausländischer Mitarbeiter ist entscheidend für deren langfristige Bindung. Kulturelle Unterschiede, Sprachbarrieren und soziale Isolation können zu hoher Fluktuation führen.
Maßnahmen zur Integration
- Onboarding-Programme mit Fokus auf Kultur und Sprache
- Mentoring durch erfahrene Kollegen
- Interkulturelle Trainings für die gesamte Belegschaft
- Unterstützung bei Behördengängen und Wohnungssuche
- Förderung sozialer Kontakte im Unternehmen
Wenn Mitarbeiter im Ausland (oder auch im Inland remote) arbeiten, erfordert dies angepasste Führungsstile und Prozesse. Kommunikation über Zeitzonen hinweg, Teambuilding auf Distanz und die Sicherstellung von Produktivität sind zentrale Herausforderungen.
Erfolgsfaktoren für Remote Management
- Klare Kommunikationsstrukturen und -tools
- Regelmäßige virtuelle Team-Meetings
- Fokus auf Ergebnisorientierung statt Anwesenheitskontrolle
- Technologische Ausstattung für reibungslose Zusammenarbeit
- Förderung von Vertrauen und Eigenverantwortung
Eine diverse Belegschaft ist nicht nur gesellschaftlich wünschenswert, sondern auch ein wirtschaftlicher Vorteil. Unternehmen mit vielfältigen Teams sind oft innovativer und können besser auf unterschiedliche Kundenbedürfnisse eingehen. Die gezielte Förderung von Vielfalt kann somit zur langfristigen Fachkräftesicherung beitragen.
Strategien zur Förderung von Vielfalt
- Implementierung von Diversity-Management-Strategien
- Schaffung einer inklusiven Unternehmenskultur
- Sicherstellung fairer und transparenter HR-Prozesse
- Bewusste Zusammenstellung heterogener Teams
Fazit und Ausblick: Global denken, lokal handeln
Globalisierung ist für den deutschen Mittelstand eine Realität mit weitreichenden Folgen für den Personalbereich. Die zunehmende Verflechtung internationaler Arbeitsmärkte erfordert ein Umdenken: Weg von rein lokaler Rekrutierung hin zu einer globaleren Perspektive.
Die Chancen liegen auf der Hand: Ein größerer Talentpool, Zugang zu spezifischen Skills und Innovationsimpulse durch Vielfalt. Gleichzeitig müssen Herausforderungen wie Integration, kulturelle Unterschiede und das Management verteilter Teams gemeistert werden.
Mittelständler, die sich proaktiv mit diesen Themen auseinandersetzen, internationale Rekrutierungsstrategien entwickeln und eine offene, integrative Unternehmenskultur pflegen, werden im globalen Wettbewerb um Talente besser bestehen können. Der Schlüssel liegt darin, global zu denken und gleichzeitig lokal passende Lösungen zu implementieren.