Serie: Handwerk
Dieser Artikel präsentiert konkrete Handlungsempfehlungen für Handwerksbetriebe, um den aktuellen Herausforderungen von Fachkräftemangel und Nachfolgeproblematik wirksam zu begegnen.
Das Handwerk steht vor entscheidenden Jahren: Der demografische Wandel und der anstehende Generationswechsel erfordern durchdachte Strategien und innovative Ansätze. Die folgenden sechs Handlungsempfehlungen bieten konkrete Orientierung für Handwerksbetriebe, die sich zukunftsfähig aufstellen wollen.
Nachfolge strategisch angehen
Handwerksmeister sollten frühzeitig klären: Wer könnte mein Geschäft weiterführen? Falls niemand intern in Sicht, externe Suche starten (HWK, Nachfolgebörsen). Den Betrieb übergabefit machen (Kundenstamm gepflegt, keine schuldenbeladene Bilanz). Eventuell flexible Modelle erwägen: Zwei Betriebe fusionieren unter jungem Chef, Senior bleibt beratend tätig.
Checkliste für eine erfolgreiche Nachfolge:
- 5-10 Jahre vor dem geplanten Ausstieg mit Nachfolgeplanung beginnen
- Betriebswert realistisch einschätzen lassen
- Finanzen und Verträge ordnen
- Kundenstamm und Geschäftsbeziehungen dokumentieren
- Nachfolger schrittweise einarbeiten und Verantwortung übertragen
Attraktiver Arbeitgeber im Handwerk sein
Kleine Dinge zählen: moderne Arbeitskleidung und gutes Werkzeug bereitstellen (zeigt Wertschätzung der Mitarbeiter), betriebliches Weihnachtsgeld oder Erfolgsprämien, gemeinsames Frühstück im Betrieb einmal pro Woche – solche Kultur- und Benefitfaktoren heben einen Betrieb ab. Check: Warum sollte ein Geselle genau bei Ihnen arbeiten? Können Sie mindestens 3 gute Gründe nennen (außer "weil wir Arbeit haben")?
Beispiele für attraktive Benefits:
Weiterbildung zum Meister fördern
Motivierene Sie Ihre Gesellen, den Meisterbrief zu machen, und unterstützen Sie sie dabei (finanziell oder durch Freistellungen). Jeder zusätzliche Meister im Betrieb erhöht die Handlungsspielräume (er kann Auszubildende anleiten, Verantwortung übernehmen). Zudem bindet es Mitarbeiter ans Unternehmen, wenn klar ist, sie können hier Karriere machen.
Vorteile mehrerer Meister im Betrieb:
Netzwerke im Handwerk nutzen
Beteiligen Sie sich aktiv an Innungen, Gewerkegruppen und Erfahrungsaustausch. Vielleicht kann man gemeinsam mit Kollegen eine gemeinsame Lehrwerkstatt betreiben oder Azubis im Verbund ausbilden (wenn einer alleine nicht alle Inhalte abdecken kann). Nutzen Sie auch die Öffentlichkeitsarbeit der Handwerkskammern (Imagekampagnen, Tage des Handwerks) – bringen Sie sich dort ein, um das Bild Ihres Berufsstandes aufzupolieren.
Kooperationsformen im Handwerk:
- Gemeinsame Ausbildungsverbünde
- Gemeinschaftliche Lehrwerkstätten
- Regionale Notdienst-Pools
- Maschinen- und Werkzeugteilung
- Auftragsweiterleitung bei Kapazitätsengpässen
Technik & neue Geschäftsmodelle
Prüfen Sie, welche digitalen Helfer Ihren Arbeitsalltag erleichtern (Aufmaß-Apps, digitale Terminplanung mit Kunden via WhatsApp, Drohne für Dachinspektion etc.). Junge Mitarbeiter sind oft affin – lassen Sie diese als "Digitalbeauftragte" Dinge ausprobieren. Auch neue Geschäftsideen sind denkbar: Handwerker, die Service-Abos anbieten (z.B. jährliche Wartungspakete), generieren planbare Einnahmen und binden Kunden – das kann interessant sein für Nachfolger, weil es ein modernes, skalierbares Modell ist.
Digitale Werkzeuge für Handwerksbetriebe:
Externes Personal zeitweise nutzen
Wenn es absolut nicht gelingt, eine Stelle zu besetzen, denken Sie unkonventionell: Vielleicht kann ein Rentner in Teilzeit aushelfen (es gibt z.B. Netzwerke von "Senior-Experten" im Handwerk), oder Sie holen sich für Stoßzeiten jemanden über Zeitarbeit/AÜG. Manche Regionen setzen auch Bundesfreiwilligendienstleistende oder Quereinsteigerprogramme ein (z.B. ehemalige Zeitsoldaten im Handwerk qualifizieren).
Alternative Personalressourcen:
- Senior-Experten und Handwerker im Ruhestand
- Zeitarbeiter für Auftragsspitzen
- Bundesfreiwilligendienstleistende
- Ehemalige Zeitsoldaten in Umschulungsprogrammen
- Internationale Fachkräfte mit Anerkennung oder in dualer Ausbildung
Zusammenfassung: Tradition trifft Zukunft
Zusammengefasst muss das Handwerk Tradition und Innovation verbinden, um die Personalfrage zu meistern. Die nächste Dekade wird entscheiden, ob das Handwerk genügend junge Kräfte und mutige Unternehmer findet – gelingt dies, kann das Handwerk trotz aller Automatisierung ein attraktiver, menschennaher und wertschöpfungsstarker Bereich bleiben.
Handwerksbetriebe, die aktiv werden und zukunftsorientierte Lösungen implementieren, werden auch in Zukunft eine wichtige Säule der deutschen Wirtschaft bilden.